Satzung der Ethikkommission der Landesärztekammer Brandenburg vom 3. März 2021
Die Kammerversammlung der Landesärztekammer Brandenburg hat in ihrer Sitzung am 12. Dezember 2020 aufgrund des § 21 Absatz 1 Nummer 11 des Heilberufsgesetzes vom 28. April 2003 (GVBl. I S. 126), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2018 (GVBl. I/18, Nr. 14) geändert worden ist, folgende Satzung der Ethikkommission der Landesärztekammer Brandenburg beschlossen. Sie ist durch Erlass des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg vom 25. Februar 2021 (Az.: 42-6410/A0001/V015) genehmigt worden.
§ 1
Errichtung der Ethikkommission
(1) Die Landesärztekammer Brandenburg errichtet eine Ethikkommission nach § 7 des Heilberufsgesetzes Brandenburg.
(2) Die Ethikkommission führt den Namen "Ethikkommission der Landesärztekammer Brandenburg".
(3) Die Ethikkommission hat ihren Sitz bei der Landesärztekammer Brandenburg in Potsdam. Der Sitz der Geschäftsstelle nach § 8 Absatz 1 kann von dem Sitz der Ethikkommission abweichen.
§ 2
Aufgaben und Zuständigkeit der Ethikkommission
(1) Die Ethikkommission hat die Aufgabe, die Mitglieder der Landesärztekammer Brandenburg vor der Durchführung biomedizinischer Forschung am Menschen sowie epidemiologischer Forschungsvorhaben mit personenbezogenen Daten berufsethisch und berufsrechtlich zu beraten. Studien mit somatischer Zelltherapie, Gentransfer und genetisch veränderten Organismen sind ebenfalls Gegenstand ihrer Beurteilung. Gleiches gilt für die Durchführung gesetzlich zugelassener Forschung mit menschlichen Gameten, lebendem embryonalen Gewebe sowie entnommenem Körpermaterial.
(2) Die Ethikkommission nimmt noch weitere, ihr von Rechts wegen zugewiesene Aufgaben wahr. Dies sind insbesondere die Aufgaben nach dem Arzneimittelgesetz, dem Medizinproduktegesetz, dem Transfusionsgesetz, dem Strahlenschutzgesetz sowie dem Heilberufsgesetz Brandenburg. Die Ethikkommission legt ihrer Arbeit die gesetzlichen Bestimmungen und berufsrechtlichen Regelungen sowie die aktuellen wissenschaftlichen Standards zugrunde. Sie berücksichtigt einschlägige nationale und internationale Empfehlungen.
§ 3
Vorsitz und Zusammensetzung
(1) Der Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg beruft eine Vorsitzende/einen Vorsitzenden und mindestens zwei Stellvertreterinnen/Stellvertreter sowie die weiteren Mitglieder der Ethikkommission. Für letztere kann eine angemessene Anzahl von stellvertretenden Mitgliedern berufen werden. Die Berufungen erfolgen unter Berücksichtigung der Anforderungen der Absätze 4 bis 7 in Verbindung mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Die Vorsitzende/der Vorsitzende der Ethikkommission repräsentiert die Ethikkommission nach außen und leitet die Sitzungen nach Maßgabe des § 11 Absatz 1.
(2) Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder werden für die Dauer der Wahlperiode der Organe der Landesärztekammer Brandenburg berufen. Die Mitgliedschaft beginnt nach der Berufung mit der Zustimmung des Mitgliedes. Nach Ablauf der Wahlperiode bleiben die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder bis zur Berufung ihrer Nachfolgerinnen und Nachfolger im Amt. Eine erneute Berufung ist zulässig.
(3) Die Ethikkommission nimmt ihre Aufgaben durch Gremien wahr, die in der für den jeweiligen Beratungsgegenstand nach den Absätzen 4 bis 7 erforderlichen Zusammensetzung einberufen werden. Entscheidungen eines Gremiums nach Satz 1 gelten als Entscheidung der Ethikkommission.
(4) Soweit bundesgesetzliche Bestimmungen nichts anderes vorgeben, gehören den Gremien der Ethikkommission mindestens drei Ärztinnen/Ärzte mit Erfahrungen in der klinischen Medizin an. Des Weiteren gehören den Gremien eine Person mit der Befähigung zum Richteramt, eine Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik sowie, nach Maßgabe des § 7 Absatz 2 Heilberufsgesetz Brandenburg, eine Apothekerin/ein Apotheker an.
(5) Bei dem Verfahren zur Bewertung eines Antrags auf Genehmigung einer klinischen Prüfung nach der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 in Verbindung mit §§ 40 ff. des Arzneimittelgesetzes in Verbindung mit §§ 5 ff. der Klinischen Prüfungs-Bewertungsverfahrens-Verordnung gehören den Gremien der Ethikkommission nach § 41 a Absatz 3 Nr. 2 des Arzneimittelgesetzes mindestens drei Ärztinnen/Ärzte, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen, davon eine Fachärztin/ein Facharzt für klinische Pharmakologie oder für Pharmakologie und Toxikologie, eine Person mit der Befähigung zum Richteramt, eine Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, eine Person mit Erfahrung auf dem Gebiet der Versuchsplanung und Statistik sowie ein Laie an. Letzterer darf nicht zu dem zuvor genannten Personenkreis zählen, kein hinzugezogener Sachverständiger sein sowie keine Befugnis zur Heilkunde innehaben oder über eine pharmazeutische Ausbildung verfügen.
(6) Bei dem Verfahren zur Bewertung eines Antrages auf Genehmigung einer klinischen Prüfung nach der Verordnung (EU) Nr. 745/2017 in Verbindung mit §§ 31 ff. des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes gehören den Gremien der Ethikkommission nach § 32 Absatz 2 des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes mindestens drei Ärztinnen/Ärzte, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen, eine Person mit Befähigung zum Richteramt, eine Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, eine Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Medizintechnik, eine Person mit Erfahrung in der Versuchsplanung und Statistik und ein Laie an, der nicht dem zuvor aufgeführten Personenkreis angehört.
(7) Bei Forschungsvorhaben nach §§ 31 ff. des Strahlenschutzgesetzes gehört den Gremien der Ethikkommission der in Absatz 4 genannte Personenkreis an, wobei sicherzustellen ist, dass die einberufenen Mitglieder oder stellvertretenden Mitglieder jeweils die nach § 36 Absatz 1 des Strahlenschutzgesetzes erforderliche Fachkompetenz aufweisen.
(8) Die Gremien der Ethikkommission ziehen externe Sachverständige hinzu, falls ihre eigene Expertise für eine Stellungnahme nicht ausreicht. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen im Sinne des Artikels 10 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 betroffen sind.
(9) Der Ethikkommission gehören weibliche und männliche Mitglieder an. Bei der Auswahl der Mitglieder und der Hinzuziehung der externen Sachverständigen werden Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt.
§ 4
Ausscheiden aus der Ethikkommission
(1) Jedes Mitglied kann ohne Angabe von Gründen durch eine schriftliche Erklärung gegenüber der Landesärztekammer Brandenburg ausscheiden.
(2) Aus wichtigem Grund kann ein Mitglied vom Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg abberufen werden.
(3) Scheidet ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied während einer Amtsperiode aus, so kann der Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg im Bedarfsfall ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied nachberufen.
§ 5
Anforderungen an die Sachkunde, die Unabhängigkeit und die Pflichten der Mitglieder und externen Sachverständigen
(1) Die Mitglieder sind bei der Ausübung ihrer Aufgaben unabhängig, an Weisungen nicht gebunden, nur ihrem Gewissen verantwortlich und ehrenamtlich tätig. Sie sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet und müssen über die erforderliche Fachkompetenz und aktuelle wissenschaftliche Expertise verfügen. Die Mitglieder müssen sich regelmäßig fortbilden, um die aktuelle wissenschaftliche Expertise sicherzustellen.
(2) Die externen Sachverständigen sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet und müssen über die aktuelle wissenschaftliche Expertise verfügen.
§ 6
Befangenheit
Mitglieder und externe Sachverständige sind von der Beratung des Antragsgegenstandes und der Beschlussfassung ausgeschlossen, wenn sie an dem jeweiligen medizinischen Forschungsvorhaben beteiligt sind oder in sonstiger Weise mitwirken oder ihre persönlichen oder finanziellen Interessen berührt sind. Eine mögliche Befangenheit ist unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen.
§ 7
Antrag
Ein Antrag kann schriftlich oder im elektronischen Verfahren bei der Ethikkommission eingereicht werden, soweit nicht eine bestimmte Form der Antragstellung zwingend vorgeschrieben ist.
Antragstellende sind insbesondere:
- für eine Beratung von Ärztinnen und Ärzten in berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen vor der Durchführung biomedizinischer Forschung am Menschen (Berufsordnung), die durchführende kammerangehörige Ärztin/der durchführende kammerangehörige Arzt,
2. für einen Antrag auf zustimmende Bewertung einer klinischen Prüfung nach dem Arzneimittelgesetz oder dem Medizinproduktegesetz bzw. dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz, der Sponsor oder dessen rechtlicher Vertreter,
3. für einen Antrag auf zustimmendes Votum zu einer Spenderimmunisierung oder zu einer Vorbehandlung einer Blutstammzellen oder andere Blutbestandteile spendenden Person nach dem Transfusionsgesetz, die das Immunisierungsprogramm oder die Vorbehandlung leitende ärztliche Person im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Transfusionsgesetzes,
4. für einen Antrag auf Stellungnahme zur Anwendung von Röntgen- oder ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe zum Zwecke der medizinischen Forschung nach dem Strahlenschutzgesetz, die Leiterin bzw. der Leiter der Studie, soweit es sich nicht gleichzeitig um einen Antrag auf Bewertung einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels oder eines Medizinproduktes oder eines In-vitro-Diagnostikums handelt.
§ 8
Geschäftsführung und Geschäftsordnung
(1) Die Geschäftsführung der Ethikkommission obliegt dem Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg, der dafür eine Geschäftsstelle einrichtet. Der Vorstand kann Aufgaben aus dem Bereich der Geschäftsführung an Dritte übertragen. Die Landesärztekammer stellt die für die Geschäftsführung notwendigen personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung.
(2) Die Ethikkommission gibt sich im Einvernehmen mit dem Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg eine Geschäftsordnung.
§ 9
Voraussetzung für die Bewertung
Voraussetzung für die Bewertung der Ethikkommission ist ein ordnungsgemäßer Antrag mit den erforderlichen Unterlagen, sofern nicht gesetzlich etwas Anderes geregelt ist.
§ 10
Verfahren
(1) Das Verfahren richtet sich nach den für die jeweilige Studie geltenden Gesetzen und Rechtsverordnungen.
(2) Im Übrigen gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Brandenburg.
§ 11
Sitzungen
(1) Die Vorsitzende/der Vorsitzende der Ethikkommission oder eine der Stellvertreterinnen/einer der Stellvertreter haben den Vorsitz der Gremien inne und leiten die Sitzungen.
(2) Die Mitglieder oder stellvertretenden Mitglieder sind unter Bekanntgabe der Tagesordnung zu laden. Die Ladung kann zusammen mit den zu prüfenden Unterlagen zugestellt werden.
(3) Die Gremien der Ethikkommission tagen so oft es die Geschäftslage erfordert.
(4) Die Sitzungen sind nicht öffentlich.
(5) Die Antragstellerin/der Antragsteller oder die Leiterin/der Leiter der klinischen Prüfung können zur Erläuterung des Antrages eingeladen werden.
§ 12
Beschlussfassung und Bewertung
(1) Die Gremien sind beschlussfähig, wenn die Mitglieder oder stellvertretenden Mitglieder in der jeweiligen Zusammensetzung nach § 3 anwesend sind oder im Wege der Telekommunikation am Abstimmungsverfahren teilnehmen können.
(2) Die Gremien nehmen Stellung oder treffen ihre Bewertung nach angemessener Erörterung. Soweit gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen, können Anträge, die nach Einschätzung der Vorsitzenden/des Vorsitzenden der Ethikkommission keine besonderen Schwierigkeiten medizinischer, ethischer oder rechtlicher Art aufweisen, im schriftlichen Verfahren behandelt werden, wenn die betreffenden Mitglieder oder stellvertretenden Mitglieder nicht widersprechen. Das schriftliche Verfahren kann durch elektronischen Datenaustausch erfolgen, soweit keine gesetzlichen Vorgaben entgegenstehen. Das Brandenburgische Datenschutzgesetz bleibt unberührt.
(3) Die Gremien entscheiden mit einfacher Mehrheit der am Abstimmungsverfahren teilnehmenden Mitglieder oder stellvertretenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des vorsitzenden Mitgliedes.
(4) Die Entscheidung der Ethikkommission ist der Antragstellerin oder dem Antragsteller und den gesetzlich benannten Behörden schriftlich oder in Textform mit Begründung mitzuteilen, soweit nicht gesetzliche Regelungen ein anderes Verfahren vorschreiben. Die Antragsteller haben die Entscheidung allen am Forschungsvorhaben teilnehmenden Prüferinnen/Prüfern mitzuteilen.
(5) Die Entscheidung der Ethikkommission kann mit weiteren Hinweisen, Ratschlägen oder Empfehlungen versehen werden, soweit dem keine gesetzlichen Vorgaben entgegenstehen.
(6) Die Bearbeitung von Anzeigen von schwerwiegenden oder unerwarteten unerwünschten Ereignissen, die während des Forschungsvorhabens auftreten und die die Sicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder des Forschungsvorhabens beeinträchtigen könnten, richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben.
§ 13
Protokoll
Über jede Sitzung ist eine Niederschrift mit dem wesentlichen Ergebnis der Beratung anzufertigen.
§ 14
Kosten des Verfahrens
(1) Für das Verfahren bei der Ethikkommission erhebt die Landesärztekammer Brandenburg Gebühren nach § 26 Absatz 2 Heilberufsgesetz in Verbindung mit der Gebührenordnung der Landesärztekammer Brandenburg in der jeweils geltenden Fassung, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes vorgeschrieben ist. Bei klinischen Prüfungen nach (EU) Nr. 536/2014 in Verbindung mit § 40 Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes in Verbindung mit der Anlage zu § 12 der Klinischen Prüfungs-Bewertungsverfahrens-Verordnung erhebt die Ethikkommission eine Gebühr für die Bearbeitung eines Antrages und teilt diese der zuständigen Bundesoberbehörde mit. Diese überweist der Ärztekammer Brandenburg als Träger der Ethikkommission die entsprechende Gebühr.
(2) Mitglieder, externe Sachverständige bzw. externe Gutachter erhalten eine Aufwandsentschädigung nach der Entschädigungsregelung der Landesärztekammer Brandenburg in der jeweils geltenden Fassung, soweit nicht gesetzliche Vorschriften eine andere Vergütung vorschreiben.
§ 15
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Satzung tritt am 1. Mai 2021 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Satzung vom 25. Juni 2003 (BÄB 2003, Heft 8 B, S. 73 - 74) außer Kraft.
Genehmigt:
Potsdam, den 25. Februar 2021
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
i.A.
Thomas Roese
Die vorstehende Satzung wird hiermit ausgefertigt und ist im Brandenburgischen Ärzteblatt bekannt zu machen.
Potsdam, den 03. März 2021
Der Präsident der Landesärztekammer Brandenburg
Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz