In einem Brief an den Brandenburger Ministerpräsidenten Woidke sowie Wissenschaftsministerin Schüle und Gesundheitsministerin Nonnemacher appellierten Kammerpräsident Dipl.-Med. Frank Ullrich Schulz und Kammervizepräsident Dr. Steffen König an die Landesregierung, die LÄKB dabei zu unterstützen, drohenden Schaden von den föderalen Strukturen der Länder, von der klinischen Forschung vor Ort und von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an klinischen Studien abzuwenden.
Der Referentenentwurf des BMG und BMUV für ein „Medizinforschungsgesetz“ sieht die Bildung einer Bundes-Ethik-Kommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor. Der Bund träte dadurch in direkte Konkurrenz zu den bewährten, seit Jahrzehnten in den Ländern errichteten Ethik-Kommissionen, u. a. auch in Brandenburg bei der Landesärztekammer Brandenburg. Durch diese Maßnahme soll ein Erfüllungsvolumen von mindestens 1,2 Millionen Euro von den Ländern abfließen, um gleichzeitig beim Bund neu aufgebaut zu werden. Eine Bundes-Ethik-Kommission würde damit zum Aufbau einer Parallel-Bürokratie führen, die nicht der Förderung des Forschungsstandorts Deutschland dient.
Vielmehr führt sie zu Zeitverlust, zum Verlust von Expertise, und schädigt ganz erheblich die in den Ländern etablierten Strukturen. Dort sind die nach Landesrecht (auf Grundlage der Heilberufs- und Kammergesetze der Länder) bei den Ärztekammern und bei den Medizinischen Fachbereichen der Hochschulen errichteten Ethik-Kommissionen seit Jahrzehnten Garant dafür, dass klinische Forschung am Menschen unabhängig, fachkundig und verfahrensökonomisch geprüft wird.
Die Geschäftsstelle der Bundes-Ethik-Kommission soll bei der Behörde eingerichtet werden, die auch für die Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen zuständig ist. Deren Mitglieder werden vom Bundesministerium für Gesundheit berufen oder auch entlassen. Eine Bundes-Ethik-Kommission böte daher nicht im gleichen Maße die Gewähr für eine unabhängige Bewertung frei von standort- und wirtschaftspolitischen Erwägungen zum Schutz von Patienten und Probanden in klinischen Studien.
Sowohl die Behördenleitung des BfArM als auch das BMG können im Wege der Fachaufsicht jederzeit Einfluss auf die Entscheidungen nehmen. Denn anders als die Länder (vgl. § 7 Absatz 2 HeilBerG Bbg) garantiert der Bund eine Weisungsfreiheit der Mitglieder der Kommission nicht.
Die LÄKB weist darauf hin, dass in Brandenburg eine beim BfArM registrierte und damit auf Bundesniveau agierende Ethikkommission erst in den letzten Jahren mit erheblichem Aufwand und unter Beteiligung vieler Brandenburger Experten sowie mit Unterstützung des MSGIV aufgebaut wurde. Zudem wäre perspektivisch auch die in Cottbus neu geplante staatliche medizinische Universität betroffen, weil die dort nach dem Hochschulgesetz zu bildende Ethikkommission und deren künftige Experten ebenfalls nicht mehr partizipieren könnten.
In ihrem Brief betont die Kammer, dass eine Bundes-Ethik-Kommission der falsche Weg ist und dass stattdessen die vorhandenen Strukturen in den Ländern gestärkt und harmonisiert werden müssen. Diese Auffassung wird von zahlreichen maßgeblichen Akteuren, sowohl aus der Industrie als auch aus der Wissenschaft geteilt. Diese haben sich jüngst zur „Initiative Studienstandort Deutschland" zusammengeschlossen.
Der Vorschlag aus dem Gesetzesentwurf, Parallelstrukturen beim Bund einzurichten, bedeute dagegen einen ganz grundsätzlichen Eingriff in die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder. Dafür fehle jede Rechtfertigung, zumal die Bearbeitung der klinischen Arzneimittelprüfungen durch die nach Landesrecht gebildeten Ethik Kommissionen jederzeit sichergestellt ist. Die Zustimmung des Bundesrates zu diesem Gesetz einzuholen, ist nach Kenntnis der Kammer zudem bislang nicht vorgesehen.
Die LÄKB bittet Ministerpräsident Woidke sowie die Ministerinnen Schüle und Nonnemacher daher dringend, sich als Vertreter des Landes Brandenburg im Sinne einer Stärkung der in den Ländern vorhandenen Strukturen in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen und an dieser Stelle auf eine Änderung des Gesetzesentwurfs hinzuwirken.